Globale Lieblinge: Cashewkerne
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Globale Lieblinge: Cashewkerne

Ursprünglich aus Brasilien, bekannt geworden in Indien und schließlich in allen Läden dieser Welt zu finden: Cashewkerne sind ein Symbol für die Globalisierung. Aber wie werden die Kerne überhaupt angebaut und geerntet? Wie werden sie verarbeitet? Und wie konnte Vietnam es schaffen, Indien als weltweit größten Lieferant zu überholen?

Zunächst klären wir einen Irrtum: Cashews sind keine Nüsse!

Wenn man dich fragt, wie Cashews wachsen und wie sie in ihrer Schale eigentlich aussehen, wüsstest du es? Interessanterweise kennen die meisten Menschen die Herkunft alltäglicher Lebensmittel nicht so genau, wie man meinen könnte. Cashewkerne sind ein besonders spannendes Beispiel dafür!

Cashewkerne kommen von Obstbäumen, den Cashew- oder auch Nierenbäumen. Daran wachsen Cashewäpfel – die aber keine Äpfel sind! Die Scheinfrucht selbst ist nierenförmig, gelblich und sehr empfindlich und wird daher direkt vor Ort verarbeitet. In ihr findet man den weltbekannten Kern.1

Die Geschichte der Cashewkerne 

Der Cashewbaum, Anacardium occidentale L, wurde im 16. Jahrhundert aus ganz praktischen Gründen von portugiesischen Abenteurern von Brasilien nach Indien gebracht, denn dort wurde er zunächst angepflanzt, um Küstenerosionen zu verhindern. Dafür sind die Bäume besonders gut geeignet, denn das weit verzweigte Wurzelnetz kann große Flächen stabilisieren, während die zahlreichen Blätter den Boden vor Regen und Wind schützen.2

Den nächsten Grundstein in der Erfolgsgeschichte haben jedoch keine Menschen gelegt, sondern Elefanten: Nach dem Verzehr der Früchte haben sie die Kerne über weite Teile Indiens verstreut und in einer rasant kurzen Zeit waren die einst südamerikanischen Bäume in ganz Indien zu finden. Was unscheinbar angefangen hat, ist heute eine globale Multi-Milliarden-Industrie.3

Cashewkerne sind ein wertvolles Exportgut

Bis zum globalen Siegeszug der Kerne hat es allerdings noch etwas gedauert: Fast 400 Jahre waren nötig, um den kommerziellen Wert festzustellen. Heute hat die Industrie einen Marktwert von 6,27 Milliarden US-Dollar und die Produkte gehören zu den eher teuren Leckereien im Supermarktregal.4 Indien ist zwar „nur“ noch der zweitgrößte Hersteller, beliefert aber immer noch stolze 60 Länder weltweit.5 Tatsächlich machen Cashewkerne eine Milliarde Dollar des Exporteinkommens aus und sind damit sogar unter den Top 4 von Indiens landwirtschaftlichen Exportschlagern. Das weitere Ranking: Basmatireis, Gewürze und natürlich Tee.6 Das generiert Arbeitsplätze für Millionen von Menschen, insbesondere Frauen. Die Ernte, die Verarbeitung und der Export liefern genug Arbeit für das ganze Jahr.7

Die Verarbeitung von Cashewkernen

Ganze Nüsse und Kerne können einen höheren Warenwert erzielen, da die Verarbeitung in Indien traditionell von Hand gemacht wird. 8 Was viele Menschen jedoch unterschätzen, ist der aufwendige Prozess vom Baum bis ins Regal. Nazneen Kanji, Forscherin und Autorin, beschreibt das wie folgt:

“Cashews sind so teuer, da es nur einen Kern pro Frucht gibt. Die Bäume müssen angepflanzt, gepflegt und die Früchte dann geerntet werden, die Kerne werden vom Fruchtfleisch getrennt, geröstet, gekühlt, geknackt, geschält, in der Sonne getrocknet und sortiert – erst dann können die Cashewkerne verkauft werden. Der Preis ist eigentlich unangemessen niedrig im Vergleich zur investierten Arbeit.“

Der schwierigste Part in der Verarbeitung ist es, die Kerne aus den Schalen zu entfernen, da dieser Step nicht nur zeitintensiv ist, sondern auch ein besonderes Können der zumeist weiblichen Arbeitskräfte erfordert. Übrigens: Die Arbeiterinnen bekommen dafür einen Hungerlohn. Beim Knacken der Schale wird ein Öl freigesetzt, das bei Hautkontakt zu starken Verbrennungen führen kann. Dieses Öl nennt sich CNSL („Cashew Nut Shell Liquid“) und ist ein nicht zu verachtendes Gesundheitsrisiko beim Verarbeiten der Kerne. 9

Automatisierung der Prozesse

Tatsächlich existieren solche “Nussknacker-Maschinen“ bereits seit den 60er Jahren. Leider gibt es dabei einige Probleme: Zum einen arbeiten die Maschinen mit gekrümmten Klingen, die die Schalen mit einem Schnitt spalten sollen – die Schalen sind aber unterschiedlich groß und haben nicht immer die gleiche Form, es gibt also sehr viel Verschnitt. Dazu gehören zerbrochene Cashewkerne und Kerne, die mit dem CNSL-Öl kontaminiert sind. Zum anderen sind die Maschinen sehr teuer und nur dann kosteneffektiv, wenn sie 24/7 über das ganze Jahr in Betrieb sind. Aus diesen Gründen wird auch heute noch eine manuelle Verarbeitung bevorzugt.

Maschinen als Weg in die Zukunft

Indien war als erstes Land, das eine Industrie rund um die Cashewkerne aufgebaut hatte, lange Zeit auch weltweit führender Exporteur. Heute hat Vietnam aber Indien weit überholt! Ein Grund dafür sind die erreichten Fortschritte in der Automatisierung. Speziell entworfene High-Tech-Maschinen steigern die Produktion, während gleichzeitig die benötigte Arbeitskraft gesenkt wird. Eine moderne Firma kann auf diese Weise mit nur 30 Mitarbeitern über 50.000 Kilogramm Kerne verarbeiten – pro Tag! Das wirkt sich auch auf die Preise aus, denn die Kerne aus Vietnam können kostengünstiger angeboten werden und sichern dem Land so einen weiteren Vorsprung auf dem globalen Markt. 10

Zukünftige Marktchancen von Indien im Weltmarkt 

Eine weitere Modernisierung der Produktion scheint zunächst eine unausweichliche Lösung für Indien zu sein. Dazu benötigt man allerdings große Investitionen und staatliche Hilfen – beides ist nicht zu erwarten. Die Gründe: lokale Gemeinschaften würden so einem immer kleiner werdenden Arbeitsmarkt gegenüberstehen. Damit die Arbeitsplätze erhalten bleiben, blockieren Gesetze den Einsatz von weiteren Maschinen.10 Um den globalen Marktanteil nicht zu verlieren, plant Indien einen Ausbau der Cashewbaumflächen um nahezu das Doppelte bis zum Jahr 2025. Wenn eine Modernisierung des Ernteablaufs aber weiterhin ausbleibt, dann sieht die Zukunft für die Produktion der indischen Cashewkerne und auch für die vielen Arbeiterinnen in dieser Industrie nicht besonders gut aus. 11

Beeinflusst das Wissen um die viele Arbeit, die in einem einzelnen Cashewkern steckt, deine Wertschätzung der Knabberei? Lass es uns gerne in einem Kommentar wissen!

Hinweise
  1. New World Encyclopedia. “Cashew”. Accessed 1st February 2020.
  2. News Agency of Nigeria (2018). “Calls for cashew planting to prevent and control soil erosion in the South East”. Accessed 15th February 2020.
  3. Dr Panda (2013). “The Complete Book on Cashew (Cultivation, Processing & By-Products)”. Accessed 1st February 2020.
  4. Tridge Intelligence. “Cashew Nut Suppliers, Wholesale Prices and Global Market Prices”. Accessed 3rd February 2020.
  5. IBEF - India Brand Equity Foundation. “Cashew Industry and Exports”. Accessed 3rd February 2020.
  6. Tapper, D (2015). “Food Unwrapped: Lifting the Lid on How Our Food is Really Produced”. Accessed 1st February 2020.
  7. United Nations ESCAP - Economic and Social Commission for Asia and the Pacific. Trading Stories: Experiences with Gender and Trade”. Accessed 3rd February 2020.
  8. Traidcraft (2013). “Cashing in on Cashews: How Supermarkets Drive Exploitation of Cashew Workers In India”. Accessed 3rd February 2020.
  9. Kanji, N (2004). “Perspectives on Corporate Responsibility and Women’s Employment: The Cashew Nut Case”. Accessed 4th February 2020.
  10. Spindle and Agarwal (2017). “How Cashews Explain Globalisation”. Accessed 4th February 2020.
  11. Prakash, M (2018). “80% cashew producing units closed in Kollam”. Accessed 7th February 2020.

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