Gemüse des Monats: Spargel (Asparagus officinalis)
Unser Essen genau betrachtet

Gemüse des Monats: Spargel (Asparagus officinalis)

Manche huldigen den weißen Stangen und hypen das Gemüse regelmäßig ab Frühjahr, andere finden es total langweilig im Geschmack und völlig überteuert: Spargel spaltet die Geschmäcker.

Wusstet ihr, dass er sogar teilweise giftige, 6-9 mm dicke Früchtchen trägt, wenn man ihn einfach wachsen lassen würde1? Dies und mehr über das Frühlings-Kultgemüse (ja, ich gehöre auch dazu) könnt ihr hier lesen: 

Kulturgeschichte - Spargel als Medizin?

Die weißen, grünen und lilafarbenen Stangen haben sich vermutlich vom afrikanischen Kontinent aus weltweit verbreitet. Ersten Überlieferungen zufolge haben Chinesen bereits 4.000 v. Chr. die Spargelpflanzen verwendet, 2000 Jahre später auch die Ägypter. In der Antike wurde wildwachsender Spargel vor allem als Heilmittel verwendet:  als harntreibendes Abführmittel,  gegen Gelbsucht sollte er auch wirken, und unter anderem soll er eine blutreinigende Wirkung gehabt haben. Bis ins 19. Jhd. wurden Wurzeln, Samen und Wasser aus gepresstem Spargel als natürliche „Arznei“  verabreicht 1. Ägypter und Griechen kannten Spargel also schon, aber zum „kaiserlichen Gemüse“ stieg er wohl erst unter den Römern auf 2. Sie brachten das Gemüse schließlich über die Alpen, dort, allerdings lange Zeit ohne große Resonanz. Erst sehr viel später, im 16. Jahrhundert, wurde Spargel in England und Frankreich als Speise-Gemüse bekannt, in Deutschland erwähnte der Botaniker und Theologe Hieronymus Bock 1539 in seinem „Kreütterbuch“ erstmals Spargel als teure Delikatesse für Leckermäuler 3. Teuer war Spargel also auch schon damals.

Heute zählt Spargel zu den beliebtesten Gemüsen vor allem in Deutschland und Österreich, die Deutschen haben in ganz Europa mit 1,7 Kilogramm den höchsten pro Kopf Verbrauch an weißem Spargel 4

Spargelproduktion weltweit:5,6

Graphik von Paulina Cerna-Fraga

Gesund, leicht bekömmlich und eine Vitaminbombe:

Vitamin A, B1, B2, B6, C und E – sie alle sind in den Gemüsestangen enthalten, außerdem Mineralstoffe wie Eisen, Kalzium und Magnesium. Spargel ist fett- und kalorienarm, fördert durch seine Ballaststoffe die Verdauung und wirkt entwässernd. Sein hoher Kaliumgehalt und Asparaginsäure (die Ursache dafür, dass der Urin deutlich riecht) regen die Nierenfunktion an7

Die drei Klassiker: 

Zur Gattung der Spargelgewächse gehören weltweit ca. 300 Spargelarten. 15 davon werden in Europa angebaut und davon sind vor allem drei als Gemüsespargel bei uns auf dem Markt:

  • Weißer Spargel – Auch Bleichspargel genannt, der unter der Erde in sog. Spargelwällen wächst. Er wird gestochen, sobald der Spargelkopf die Erde leicht anhebt. In Deutschland wird er zwischen April und 24.Juni geerntet.
  • Grüner Spargel – Dieser Spargel wächst nicht in Dämmen oder Wällen, sondern über der Erde und wird durch das Sonnenlicht grün (Farbstoff Chlorophyll). Er holt in der Beliebtheitsskala auf und schmeckt etwas würziger. 
  • Violetter Spargel – Eigentlich ein lilafarbener Bleichspargel, der auch unter der Erde wächst. Er wird allerdings später gestochen, nämlich wenn der Kopf schon leicht herausragt. Der Pflanzenfarbstoff Anthozyane sorgt für die lilafarbenen Spargelspitzen. Dieser Spargel ist v.a. in Frankreich beliebt8.

Wonach schmeckt Spargel eigentlich?

Im Julius-Kühn-Institut, dem Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen in Quedlinburg, haben Wissenschaftler versucht, die Schlüsselkomponenten für das Aroma des weißen Spargels zu bestimmen. Dabei haben sie ca. 36  flüchtige Substanzen als Hauptkomponenten und sensorisch wichtige Verbindungen nachgewiesen9. Der wichtigste Duftstoff ist Dimethylsulfid (DMS), das insbesondere beim Kochen von Getreide und Kohl, aber auch Meeresfrüchten entsteht.  Ketone erzeugen einen buttrigen, karamellartigen Geschmack , Pyrazine erinnern an Frittiertes und sogar Vanillin  wurden im Spargeldampf wieder gefunden10. Die typischen Spargelaromen entfalten sich aber erst in Summe durch Erhitzen.

Je frischer, desto besser im Geschmack:

Sobald der Spargel gestochen ist, verliert er nicht nur an Frische, sondern auch an Geschmack, Aroma und Zartheit. Spargelbauer kühlen daher die weißen Stangen maximal zwei Stunden nach der Ernte auf etwa 2 Grad Celsius herunter, da sich Bleichspargel sonst rosa färbt und die Stangen am unteren Ende verholzen. Dazu werden die Erntekisten im Betrieb in kaltes Wasser getaucht oder mit kaltem Wasser befüllt. Ein ziemlich empfindliches Gemüse also, das man am besten regional einkauft und noch am gleichen Tag zubereitet. Kleiner Tipp: Hat man dazu keine Zeit, hält er in feuchtes Küchentuch eingeschlagen im Kühlschrank auch noch bis zum übernächsten Tag durch11.

Ist Spargel nachhaltig im Anbau?

Das ist gar nicht so leicht, grundsätzlich mit ja oder nein zu beantworten. Ein Beispiel ist der hohe Wasserverbrauch, der beim Spargelanbau anfällt, auf 1 Kilo Spargel kommen 1.470 L Wasser12.  Zum Vergleich: Auf 1 Kilo Erdbeeren kommen nur 280 L Wasser. 

In eher trockenen Länder wie in Südeuropa, aber auch Peru, ist der Wasserbedarf definitiv ein Thema, in Deutschland (noch) nicht. Die meiste Kritik entzündet sich allerdings am Thema Folienabdeckung:  Spargel ist in Deutschland das Gemüse mit der größten Anbaufläche (25.900 ha im Jahr 2020, das sind ca. 26 große Fußballfelder)13. Davon decken ca. 98% der Spargelanbauer und -bäuerinnen ihre Spargelwälle mit einer Plastikfolie ab, die meisten von ihnen mit einer recycelbaren Polyethylenfolie. 

Vor- und Nachteile der Plastikfolien:

Die Vorteile liegen auf der Hand: Folien sorgen u.a. für eine bessere Wachstumsregulierung, für Wärme, damit der Spargel schneller wachsen kann, sie speichert die Feuchtigkeit besser und im konventionellen Spargelanbau müssen weniger Herbizide und Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden14. Allerdings besteht die Gefahr, dass die Planen sich teilweise schon während der Nutzung zersetzen und als Mikroplastik im Boden bleiben. Keine gute Idee, wenn es sich nicht um biologisch abbaubares Folienmaterial handelt. 

Einige Öko- und Biobetriebe verenden organische Mulchdecken wie beispiesweise aus Heu, Stroh und Kleegras. Das hat einen weiteren Vorteil: Vögel, die am Boden brüten, können damit prima leben, während sie bei ausgedehnten Flächen mit Folienabdeckungen Schwierigkeiten bei der Suche nach einem Brutplatz haben.

Naturschutzverbände befürchten außerdem, dass Folien die Entwicklung von Bakterien, Pilzen und Kleinstlebewesen behindern. Daher ist im März 2020 dazu ein Forschungsversuch vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau in Brandenburg gestartet, wovon eine Arbeitsgruppe diese Kleinstlebewesen in den Spargeldämmen mühselig mit Köderstreifen zählt. Erste Erkenntnisse gab es bereits im Herbst des gleichen Jahres: Die Folien haben das Bodenleben entgegen der Annahme wohl eher begünstigt16.

Schädlingsresistenter Spargel:

Als mehrjährige Dauerkultur ist Spargel besonders anfällig für Viren und andere Schädlinge, am häufigsten wird das weiße Gemüse vom sogenannten Asparagus Virus 1 ( AV-1) befallen. Für Spargelanbauer ist dieses Virus tückisch, denn äußerlich kann man es nicht sehen. Aber es schwächt die Wurzeln, verringert die Dicke und Anzahl der Spargelstangen und verursacht erhebliche Ertragseinbußen. Die einzige, nachhaltige Lösung versprechen Kreuzungsversuche von unterschiedlichen Spargelsorten und Resistenztests. Am Julius-Kühn Institut hat Thomas Nothnagel 9 Jahre lang mit immer wieder anderen Spargelsorten geforscht, bis er eine AV1-resistente neue Spargellinie entwickelt hat. In dieser steckt nun auch das Erbgut von einer Wildart. Nun wird das Bundessortenamt 2-3 Jahren selbst diese Linie testen, bevor sie sie zertifiziert. Mit viel Glück, so Nothnagel, ist seine neue Spargelsorte in ca. 5 Jahren zugelassen – so lange dauert dieser Vorgang 17!

Habt ihr auch Infos zum Spargel, die ihr gerne teilen würdet?

Hinweise
  1. Wer von euch Latein pauken musste: Von Cato (Cato Maior, starb 234 v. Chr.), Konsul, Zensor und Begründer der lateinischen Kunstprosa, ist eine Schrift über Landwirtschaft („De agricultura“) überliefert, in der er über Spargelanbau und verschiedene Sorten
  2. 'Pro-Kopf-Konsum von Spargel in Deutschland in den Jahren 2005/06 bis 2019/20', Sandra Ahrens, Statista 2021, abgerufen am 11.6.21
  3. 'Spargelernte 2020: Voraussichtlich 19 % weniger als 2019' Statista Pressemitteilung Nr. 273 vom 20. Juli 2020, abgerufen am 11.6.21
  4. 'Die weltweit größten Exportländer von Spargel', Weltexporte, Dezember 2020, abgerufen am 11.6.21
  5. 'Deutsche verzehren jährlich rund 1,9 Milliarden Stangen Spargel', Bundeszentrum für Ernährung, April 2017, angerufen am 13.06.2021
  6. 'Welchen Spargel kaufen?' Bundeszentrum für Ernährung, Mai 2020, abgerufen am 10.06.2021
  7. 'Instrumentelle und sensorische Analyse der Aromastoffe von gekochtem Spargel (Asparagus officinalis L.)' , Ulrich, Detlef/Hoberg, E. (2002), abgerufen am 10.06.2021
  8. 'Was das Spargelaroma perfekt macht', wissenschaft.de, April 2008, abgerufen am 13.06.2021
  9. 'Wie wird Spargel angebaut?', Bundeszentrum für Ernährung, abgerufen am 12.06.2021
  10. 'Bis zu 27.000 Liter Wasser pro Kilo: Diese Lebensmittel verbrauchen am meisten Wasser in der Herstellung', warenvergleich.de, Mai 2018, abgerufen am 11.06.2021
  11. 'Statistik: 2020 rund 10 % Spargel aus Deutschland', Rheinischer Landwirtschafts-Verlag GmbH März 2021, abgerufen am 10.06.2021
  12. Verband süddeutscher Spargel- und Erdbeeranbauer, Telefonat mit Verbandssprecher Simon Schumacher am 16.6.2021.
  13. 'Brandenburg: Streit um Spargelanbau unter Folien', Berliner Zeitung, Februar 2021, abgerufen am 13.06.2021
  14. 'Spargel: Fresstests unter Folie', Bauernzeitung, Mai 2021, abgerufen am 11.06.2021
  15. Dr. Thomas Nothnagel, Julius-Kühn Institut, Telefonat am 01.06.2021
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