Wie geht Solidarische Landwirtschaft und welche Vorteile bietet sie?
Die Erde zuerst

Wie geht Solidarische Landwirtschaft und welche Vorteile bietet sie?

Solidarische Landwirtschaft beschreibt einen Zusammenschluss zwischen Privathaushalten und landwirtschaftlichen Betrieben: Privathaushalte finanzieren durch feste Beiträge einen landwirtschaftlichen Betrieb und erhalten im Gegenzug einen Ernteanteil. Das macht nachhaltige Landwirtschaft möglich.

Auf dem freien Markt unterliegen Landwirt*innen einem Konkurrenzkampf und Preisdruck. Um marktfähig zu bleiben, haben sie keine andere Wahl, als möglichst hohe Erträge in den Mittelpunkt ihrer Landwirtschaft zu stellen und die Kosten so gering wie möglich zu halten. Um das zu erreichen, greifen sie auf genveränderte Samen zurück, bewirtschaften ihre Felder in sehr enger Fruchtfolge, verkleinern die Stallflächen und arbeiten bis zur Belastungsgrenze. Dass dabei die Gesundheit der Böden, der Tiere und der Menschen selbst auf der Strecke bleibt, ist leicht nachzuvollziehen. Hohe Pestizideinsätze sind nötig, um die geringe Widerstandskraft der Pflanzen auszugleichen. Außerdem nehmen Bodenfruchtbarkeit und Artenvielfalt ab und Tiere leiden unter nicht-artgerechter Haltung. 1 Nachhaltig ist das nicht. In der konventionellen Landwirtschaft aber gang und gäbe. Schließlich fordert der Markt stellvertretend für die Verbraucher*innen möglichst billige Lebensmittel.

Das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft:

Das Prinzip der Solidarischen Landwirtschaft (kurz: SoLawi) ist ein Gegenentwurf zum konventionellen Vorgehen mit dem Ziel, die genannten Probleme zu lösen. In einer Solidarischen Landwirtschaft bauen Landwirt*innen gemeinsam mit Privathaushalten einen marktunabhängigen Wirtschaftskreislauf auf. 

Zu Beginn eines Jahres berechnen die Landwirt*innen den Jahresbedarf, der zur Deckung laufender Kosten benötigt wird. Der Jahresbedarf beinhaltet die Kosten für Löhne, Saatgut, Wartung und Anschaffung landwirtschaftlicher Geräte, eventuell auch für Tierfutter und Tierarztkosten. Eben all jene Kosten, die auf einem Hof binnen eines Jahres so anfallen. Der Jahresbedarf wird dann auf die Monate und auf die Anzahl der Mitglieder der SoLawi heruntergerechnet. Das Ergebnis: Ein Richtbetrag, den jedes Mitglied zahlen sollte, damit die Betriebskosten abgedeckt sind. Ist dieser Betrag berechnet, treffen sich alle Mitglieder der SoLawi zu sogenannten Bietrunden. Das Ziel dieser Runden ist es, gemeinsam die jährlichen Kosten zu decken. Dabei zahlt nicht jeder Privathaushalt dieselbe Summe. In anonymen Bietrunden bietet jeder so viel, wie er monatlich für die Versorgung mit frischen Lebensmitteln ausgeben kann. Einkommensstarke Mitglieder zahlen etwas mehr, während einkommensschwächere Mitglieder etwas weniger zahlen.

Durch die festgelegten monatlichen Einnahmen kann der landwirtschaftliche Betrieb sicher mit einer bestimmten Geldsumme kalkulieren. Die Landwirt*innen erhalten Planungssicherheit und sind von Marktpreisen unabhängig. Dadurch ist es ihnen theoretisch möglich, Nachhaltigkeit, statt maximaler Ernteerträge in den Mittelpunkt ihrer Landwirtschaft zu stellen. Der Betrieb kann risikofrei auf biologische Landwirtschaft umstellen, nachhaltigere Anbaumethoden testen, alte Sorten anbauen und Tiere artgerecht halten, ohne fürchten zu müssen, durch einen Einbruch der Erträge die Konkurrenzfähigkeit auf dem Markt und somit den Hof zu verlieren. 2 

Allerdings ist eine SoLawi nicht verpflichtet, auf eine nachhaltige und biologische Produktion umzustellen. Durch das Prinzip der solidarischen Landwirtschaft ist eine Umstellungen zwar ohne Risiko möglich, letztendlich obliegt die Entscheidung jedoch den Landwirt*innen. Sie können auch weiterhin nach konventionellen Landwirtschaftsprinzipien wirtschaften. Allerdings müssen die Landwirt*innen ihren Mitgliedern gegenüber Rechenschaft über ihre Produktionsweisen ablegen. Somit können diese einen erheblichen Einfluss auf positive Veränderungen des Betriebes nehmen.

Deine Vorteile als Verbraucher*in: 

Als Teil einer SoLawi förderst du aktiv ein nachhaltiges Landwirtschaftskonzept. Ein gutes Gewissen ist aber nicht alles, was du als Verbraucher*in davon hast. Du erhältst monatlich einen bestimmten Anteil frischer, saisonaler und regionaler Lebensmittel in bester Qualität. Und das im „Farm to table“- Prinzip. CO2-lastige Transportwege fallen weg. Das macht zum einen Verpackungen überflüssig, zum anderen bedeutet es, dass maximal frische Lebensmittel  in deinem Kühlschrank landen.

Bei allen positiven Effekten bleibt die Angebotsvielfalt allerdings eingeschränkt und ist nicht mit der Vielfalt eines Supermarktes zu vergleichen. Saisonal einzukaufen bedeutet auch immer, sich auf das Angebot der jeweiligen Saison einzuschränken. Sind die Sommer reich an Früchten und verschiedenen Gemüsesorten, findet sich im Winter vor allem Kohl in der Gemüsekiste. 

Gleichzeitig hast du jedoch vollkommene Einsicht, wie und wo die Nahrungsmittel angebaut werden, die auf deinem Teller landen. Du weißt, wann was auf deutschen Feldern wächst, wie viel Arbeit hinter einem Lebensmittel steckt und was die tatsächlichen Kosten sind. Auf diese Weise kehrt die Wertschätzung der Lebensmittel an sich wie auch der Arbeit, die in ihrer Bewirtschaftung steckt, zurück. Weniger Lebensmittel werden weggeschmissen und auch die krummen Gurken und zu großen Karotten, die es nicht in die Supermarktregale geschafft hätten, landen in deiner Gemüsekiste. Und natürlich ist es auch immer möglich, deinen Speiseplan im Zweifelsfall durch einen Zukauf aus dem Supermarkt zu bereichern. 

Außerdem kannst du als Mitglied einer SoLawi die Entwicklung des Hofes aktiv mitgestalten. Du kannst Obst- und Gemüsesorten für die nächste Saison vorschlagen und dazu beitragen, dass die Angebotsvielfalt durch beispielsweise Milchprodukte, Eier oder Wolle bereichert wird. 

Laut dem Solidarischen Landwirtschaftsverband gibt es deutschlandweit aktuell 367 SoLawis (Stand August 2021). Ob es auch eine in deiner Nähe gibt, kannst du auf der Webseite des solidarischen Landwirtschaftsverbandes herausfinden.

Was hälst du von der Solidarischen Landwirtschaft und könntest du dir vorstellen, ein Teil davon zu sein?

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