Die Kakaobohne - Von Anbau, Wasser und Schokolade
Herkunft von Lebensmitteln

Die Kakaobohne - Von Anbau, Wasser und Schokolade

Ein Stückchen Schokolade geht immer, egal ob bei Stress, einem gemütlichen Filmabend oder als Mitbringsel zum Spieleabend. Sie soll glücklich machen und in Maßen sogar gut für unsere Gesundheit sein.

Über neun Kilogramm Schokolade verzehrte jede:r Deutsche 2021, egal ob in Form eines Schokoriegel oder einer edlen Praline.1

Doch die beliebte Süßware, oder besser gesagt ihr Hauptgeschmackgeber die Kakaobohne, hat ihre Schattenseiten. Ein extrem hoher Wasserverbrauch, der die eigentlich für ihren extremen Durst bekannte Avocado meilenweit hinter sich lässt, sowie oftmals menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und Löhne für die Kakaoanbauer:innen. Auch ihr CO²-Abdruck ist vergleichsweise hoch, betrachtet man die gesamte Wertschöpfungskette für eine Tafel Schokolade2.

Können wir angesichts dessen die süße Verführung überhaupt noch ohne schlechtes Gewissen genießen? Und gibt es Alternativen und Lösungen?

Aber der Reihe nach. Was passiert eigentlich alles, bis wir eine Tafel Schokolade kaufen können. 

Herkunft und Herausforderungen

Deutschland bezieht die größte Menge Rohkakao, also die Schokoladenbasis, von der Elfenbeinküste in Westafrika. 2022 waren es über 300.000 Tonnen, was 66% der gesamten Importmenge entspricht. Der Rest verteilt sich mit 14% auf Ghana, gefolgt von Nigeria mit 8%, Ecuador mit 5% und sonstige Länder wie Peru oder die Dominikanische Republik3.

Kakaobauer:innen besitzen in der Regel verhältnismäßig kleine Anbauflächen von zwei bis sieben Hektar. Der Ertrag muss dafür reichen, die gesamte Familie am Leben zu halten. Dabei stehen die Anbauer:innen vor immer neuen Herausforderungen, wie fehlendes Fachwissen, der Umgang mit Pflanzenschutzmitteln, fehlende Infrastruktur und natürlich der Klimawandel, der die Ertragsmenge negativ beeinflusst4.

Der Klimawandel ist auch einer der Hauptgründe dafür, warum der Kakaopreis bereits 2023 kontinuierlich nach oben kletterte und Anfang 2024 einen neuen Höchststand erreichte. So wurde ein Kilogramm Kakao Ende Februar 2024 mit über 6000 Euro gehandelt, ein Jahr zuvor lag dieser Preis knapp unter 3000 Euro5. Dürreperioden, Starkregen und eine um sich greifende Viruserkrankung der Kakaopflanzen, die „Cacao Swollen Shoot Disease”, kurz CSSD6, haben vor allem in Westafrika zu Ernteeinbußen geführt, die den Kakaopreis weiter in die Höhe treiben7.

Ernte und Verarbeitung

Kakaobohnen werden zweimal jährlich geerntet, zum Ende der Regenzeit und zu Beginn der nächsten. Die Schoten müssen dabei sorgfältig geprüft werden, weshalb sie von Hand geerntet werden. Nachdem die Schoten aufgebrochen und die Kakaobohnen mit dem Fruchtfleisch, das sie umgibt, aus ihnen entfernt wurden, beginnt der Fermentierungsprozess. Dabei gärt die Pulpe, der Verbund von Kakaobohnen und Fruchtfleisch, mit Blättern abgedeckt oder in Holzkisten bis zu sieben Tage. Das Fruchtfleisch zersetzt sich dabei, sodass schließlich die puren Kakaobohnen übrigbleiben. Um die Kakaobohnen lagerfähig zu machen, werden sie im nächsten Schritt getrocknet. Nach der Trocknung spricht man von „Rohkakao“, der dann in große Säcke verpackt wird und bereit ist für den Schiffstransport zu den Schokoladenproduzenten in Europa oder Nordamerika. Dort wird der Rohkakao zu den verschiedensten Schokoladenprodukten weiterverarbeitet, die wir dann letztendlich kaufen8.

Da die Kakaobohnen von Hand geerntet werden, haben die meisten Kakaofarmen keinen Industrialisierungsprozess durchlaufen und sind von kleinen Familien und Gemeinschaften abhängig. Die Reinigung der Bohnen, der Fermentierungsprozess und die Trocknung werden fast immer von den Bäuer:innen  selbst durchgeführt, die sich auch mit Wiederverkäufer:innen auseinandersetzen müssen, um ihre Ernte auf ausländische Märkte zu exportieren.

Fairtrade Siegel

Zurück zum Anbau: In den Bauernfamilien müssen oftmals alle bei der Arbeit mit anpacken und auch Kinder arbeiten häufig mit.

Auf vielen Schokoladenverpackungen findet sich jedoch inzwischen ein Fairtrade-Siegel, zu den bekanntesten zählt dabei das „Fairtrade” Siegel von TransFair. Ist ein Schokoladenprodukt mit diesem Siegel versehen, haben sich die Produzent:innen unter anderem dazu verpflichtet, keine Kinder auf ihren Anbauflächen arbeiten zu lassen. Zudem erhalten die Bauern über dem Weltmarktpreis liegende Preise, was ihnen eine kostendeckende Produktion ermöglichen soll.9

Noch weiter geht das ebenfalls sehr bekannte GEPA-Zeichen. Es steht unter anderem für eine Produktion nach den Standards von Fairtrade International, die Gewinne fließen nach eigenen Aussagen in die Unterstützung der Kakaoanbauer:innen. Außerdem wird die biologische Landwirtschaft gefördert und an langfristigen Handelsbeziehungen festgehalten.10

Die Deutschen schenken diesen Siegeln auf Schokoladenprodukten viel Beachtung: Von 2018 bis 2021 hat sich der Umsatz mit Fairtrade Schokolade von 33 Millionen auf 79 Millionen Euro mehr als verdoppelt.11

Es gilt bei den einzelnen Siegeln also genau hinzuschauen, für was sie stehen. Was alle Siegel jedoch nicht beeinflussen können, ist die immense Wassermenge, die beim Kakaoanbau benötigt wird.

Der Wasserverbrauch

17.000 Liter Wasser werden für die Herstellung von einem Kilo Kakaobohnen benötigt2. Das entspricht etwa 100 Badewannen.

Im Vergleich dazu erscheint selbst der Wasserverbrauch von Avocados vergleichsweise gering: Für ein Kilogramm Avocados, das sind zwei bis drei Stück, werden 1000 Liter Wasser benötigt. Auch Rindfleisch ist mit knapp über 15.000 Litern Wasser pro Kilogramm zwar ein echter Wasserschlucker, liegt aber trotzdem noch unter der Kakaobohne12.

Der Kakaobaum ist eine Pflanze, die zu den feuchten Waldökosystemen gehört und hauptsächlich in tropischen Gebieten angebaut wird, wo feuchte Jahreszeiten das Wachstum und die Ernte der Früchte bestimmen. Um dem Klimawandel zu begegnen oder den Anbau der Pflanze in Monokulturen zu erzwingen, entwickeln die Bäuer:innen Bewässerungssysteme wie Tropfleitungen, die den Zugang zu Süßwasser in gefährdeten Gemeinden gefährden.

CO2 Bilanz

Auch mit ihrem CO2-Ausstoß kann die Kakaobohne ihr Image nicht unbedingt aufbessern. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette, also der Anbau der Kakaobohne, Verschiffung, Weiterverarbeitung und Lagerung werden allein 2,8 Kilogramm CO2 für die Herstellung von einem Kilogramm Kakaomasse produziert.2

Zum Vergleich: Die gleiche Menge Kaffee verursacht einen CO2-Ausstoß von 0,6 Kilogramm.

Ist die Schokolade nun endgültig zum Scheitern verurteilt? Nein.

Mögliche Lösungsstrategien

Damit Kakaoanbau nachhaltiger und wirtschaftlich effizienter werden kann, empfiehlt sich der Anbau in Agroforstsystemen2. Darunter versteht man Landnutzungssysteme, bei denen Bäume oder Sträucher mit Ackerkulturen auf einer Fläche kombiniert werden. Zwischen den verschiedenen Komponenten entstehen dann ökologische und ökonomische Vorteilswirkungen.13

Für Kakaoanbauer:innen würde das bedeuten, zusätzlich zu Kakaobohnen zum Beispiel auch Bananen oder andere Obstsorten anzubauen. So ist aus ökologischer Sichtweise der Boden mit ausreichend Nährstoffen versorgt, es muss also nicht zwangsläufig künstlicher Dünger hinzugefügt werden. Außerdem hätten sie durch den Anbau der anderen Lebensmittel weitere Einnahmequellen, sollte beispielsweise der Weltmarktpreis für Kakao fallen oder es Ernteausfälle geben. Schon heute gibt es Hersteller, deren Schokolade von Kakaobohnen aus garantiert 100% Anbau in Agroforstsystemen stammt.

Zudem gibt es Hersteller, wie das niederländische Unternehmen „Tony´s Choconelly”, die ihre Schokoladenprodukte zwar teurer als der Durchschnitt verkaufen, dafür aber transparent darlegen, mit welchen Bauernhöfen sie zusammenarbeiten, wie die Bäuer:innen dort leben, wohin die Einnahmen fließen und den Bauern auch einen höheren Kakaopreis zahlen 14. Kinderarbeit ist auch hier tabu. Andere Hersteller wiederum unterstützen mit dem Verkauf ihrer Schokoladen auch soziale Projekte.

Einen noch weiteren Schritt geht das Unternehmen FairAfric, das die Schokolade auch im Herkunftsland der Kakaobohnen, Ghana, produzieren lässt und so auch über den Kakaoanbau hinaus Arbeitsplätze und Perspektiven schafft. 15

Das Gewissen entscheidet

Die Kakaobohne hat viele dunkle Seiten.

Doch wer er Fairtradeschokolade kauft oder sich noch weiter über den einzelnen Schokoladenhersteller informiert, tut mit dem Kauf sogar etwas Gutes und hilft an richtiger Stelle.

Und wen dann immer noch das schlechte Gewissen plagt, für den ist vielleicht regionale Schokolade eine Alternative, die Kakaobohnen durch Hafer und Sonnenblumenkerne ersetzt. 16

Hinweise
  1. Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V. (2023) "Rohkakolieferländer Deutschlands 2022", schokoinfo.de, aufgerufen am 26.03.2024
  2. Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V., "Auf Herausforderungen reagieren", schokoinfo.de, aufgerufen am 26.03.2024
  3. Kakaopreis (in Dollar pro Tonne), boerse-frankfurt.de, aufgerufen am 26.03.2024
  4. Adopo, W. A., Adolphe, M. G., Tiehi, N., Koffi, C. Kouakou, K., & Ballo, Z. (2022). Impact of Swollen Shoot Disease on the Livelihoods of Smallholder Cocoa farmers in Côte d’Ivoire. European Scientific Journal, ESJ, 11, 258
  5. Peter Hoskins (2024), "Chocolate: Cocoa price hits record high as El Niño hurts crops", bbc.co.uk, aufgerufen am 26.03.2024
  6. Oro Verde, “Kakaoverarbeitung “Vom Rohkakao zur Schokolade”, Lehrerinfo, regenwald-schuetzen.org, aufgerufen am 26.03.2024
  7. Fairtrade Deutschland, "Fairtrade-Kakao So funktioniert der faire Handel mit Kakao", Fairtrade-deutschland.de, aufgerufen am 26.03.2024
  8. „GEPA-Kriterien für Fairen Handel“, gepa.de, aufgerufen am 26.03.2024
  9. Peta (2022) „Avocado: Hoher Wasserverbrauch und schlecht für die Umwelt?“, peta.de, aufgerufen am 26.03.2024
  10. Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft, "Was ist Agroforstwirtschaft", agroforst-info.de, aufgerufen am 26.03.2024
  11. Tony´s Chocolonely “Jahrlicher-fair-report 2020-2021”, tonyschocolonely.com, aufgerufen am 26. 03.2024
  12. Fairafric "Unsere Mission", fairafric.com, aufgerufen am 26.03.2024
  13. Bayerisches Landwirtschaftliches Wochenblatt (2023) "Die Schokolade der Zukunft: Regionaler Schokogenuss ohne Kakao", Wochenblatt-dlv.de, aufgerufen am 26.03.2024
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