Praktisch alles Leben auf der Erde hängt von Pflanzen ab. Doch Pflanzen sind von Tieren genauso abhängig wie wir von ihnen. Genau genommen brauchen die meisten Pflanzen beim Bestäuben eine Menge Hilfe, um sich überhaupt fortpflanzen zu können. Mit anderen Worten: Ohne bestäubende Tiere könnte die Natur keine Samen, kein Obst und kein Gemüse hervorbringen.
Blüten tragende Pflanzen vermehren sich durch Bestäubung. Damit eine Blüte zur Frucht werden kann, müssen die Pollenkörner aus ihrer Anthere (Staubbeutel) ihre Narbe (Stigma) erreichen. Ohne diesen Vorgang kann die Pflanze sich schlicht und ergreifend nicht fortpflanzen. Es ist also keinesfalls übertrieben, zu sagen, dass das Ökosystem der Erde ohne Bestäubung nicht existieren würde!
Was sind Bestäuber?
Also, wie funktioniert dieser wichtige Prozess genau? Natürlich mit Hilfe von Bestäubern! Ein Bestäuber ist ein Tier, das dabei hilft, die Pollenkörner aus der Anthere einer Pflanze in ihre Narbe zu transportieren. Zu den bekanntesten Bestäubern gehören weltweit etwa Bienen, Wespen, Fliegen, Käfer und Schmetterlinge, doch in manchen Ökosystemen leisten auch andere Tiere wie Fledermäuse, Vögel und Nagetiere Unterstützung.1 Viele Blüten tragende Pflanzen haben sich sogar dahingehend angepasst, dass sie ganz bestimmte Bestäuber anziehen und sich dafür mit Belohnungen wie Nektar, Pollen, Lipidabsonderungen und Material für den Nestbau revanchieren.2 Die meisten von Insekten bestäubten Blüten produzieren darüberhinaus Signale wie Düfte, Farben, Formen, bestimmte Oberflächenstrukturen und einen Geschmack, der den Insekten dabei hilft, sie von anderen Blüten zu unterscheiden.2
Übrigens: Bestimmte Pflanzen bekommen bei der Bestäubung auch Hilfe vom Wind, da starke Winde dabei helfen können, die Pollen über größere Entfernungen zu verbreiten. Für Menschen mit Pollenallergien sind das natürlich keine so tolle Neuigkeiten.
Pflanzen und ihre Bestäuber: Eine nicht ganz einfache Beziehung
Die Beziehung zwischen Pflanzen und ihren Bestäubern kann unterschiedlicher Natur sein. Manche der Verhältnisse sind “fakultativ mutualistisch”, d.h. Pflanze und Tier nützen einander, ohne dass ihr jeweiliges Überleben von dieser Verbindung abhängt. So können die meisten Bienen zum Beispiel ihren Bedarf an Nahrung und Nestbaumaterial über mehrere verschiedene Blüten decken.3 In ähnlicher Weise können die meisten Blüten von unterschiedlichen Bienenarten bestäubt werden.3 Es gibt allerdings auch Pflanzen-Bestäuber-Beziehungen, die von Natur aus gegenseitig verpflichtend sind, also rein mutualistisch.3 Das bedeutet, dass entweder die Pflanze, der Bestäuber oder beide ohne den jeweils anderen nicht überleben können: so wie Feigenbäume und Feigenwespen oder auch Yuccapflanzen und Yuccamotten.3
Hier erfährst du mehr über Feigenbäume und ihre Bestäuber, die Wespen
Nahrungsmittel, die bestäubt werden müssen
Der wertvollste Nutzen der Bestäuber für die Menschheit besteht darin, dass sie zur Fortpflanzung vieler Nahrungs- und Faserpflanzen beitragen.2 Dieser Vorgang wird als “ökologischer Dienst” bezeichnet, dessen ökonomischer Wert auf mehrere Milliarden Dollar geschätzt wird.4 Die meisten Nahrungsmittel, die wir heutzutage essen, existieren nur, weil die Bestäuber bei der Vermehrung helfen. Dabei haben Früchte und Gemüsesorten wie Kartoffeln, Kürbisse, Kokosnüsse und Sojabohnen ein gemeinsames Merkmal: Sie sind alle für ihren Fortbestand von Bestäubern abhängig!5
Wilde und einheimische Bestäuber
In der Regel ist es so, dass Tiere, die in bestimmten Ökosystemen heimisch sind, auch die Bestäubung der Pflanzen übernehmen, dessen Lebensraum sie teilen. Diese Tiere nennt man wilde oder einheimische Bestäuber. Im Rahmen dieser Beziehungen haben sich sowohl die Pflanzen als auch die Tiere so entwickelt, dass sie beide voneinander profitieren. Als Folge sind diese Bestäuber extrem gut in ihrem Job.6 Das setzt allerdings auch ein Habitat voraus, in dem sie ungestört nisten, schlafen und sich ernähren können.7
Die Auswirkungen der Landwirtschaft auf Bestäuber
Der Verlust von Lebensraum, die intensive Landwirtschaft und die Verwendung von Pestiziden sowie der Klimawandel haben zu einem starken Rückgang von Bestäubern geführt.7 Um die Folgen dieses Rückgangs abzufedern, führen Bauern in ihren Obstgärten und Betrieben mittlerweile nicht-heimische Bestäuber ein (in der Regel Bienen). Diese werden oft “gemanagte Bestäuber” genannt, da sie von Imkern in künstlich geschaffenen Bienenstöcken “gemanagt” werden.8 Zu Beginn der Bienenhaltung wird entweder ein natürlicher Bienenstock dorthin sozusagen umgezogen, oder wilde Bienen, die auf der Suche nach einem neuen “Zuhause” sind, werden angelockt.8
Verantwortungsvolle Landwirtschaft
Sobald die Bienen ihren Weg in den Stock gefunden haben, müssen die Bauern mithilfe diverser Maßnahmen sicherstellen, dass sie auch bleiben. Das kann durch manuelles Unkrautjäten (ohne Pestizide), den Einsatz von Mischkulturen, die Bepflanzung von Feldrändern mit Blumen und die Kultivierung von Schatten spendenden Bäumen geschehen. Allerdings können “gemanagte Bestäuber” auf wilde Bestäuber negative Auswirkungen haben, da sie mit ihnen konkurrieren und dadurch deren Ökosysteme verändern und Krankheiten übertragen können.9
Übrigens: Der in Europa am häufigsten verwendete “gemanagte Bestäuber” ist die Honigbiene (Apis mellifera).10 Zwei weitere wichtige Bestäuber sind die Hummel und die Mauerbiene. 10
Bestäuberroboter – Science oder Fiction?
Eine zunehmende Bedrohung sowohl für “gemanagte” als auch wilden Bestäuber stellen insbesondere der Klimawandel und die industriell betriebene Landwirtschaft dar. Die unmittelbare Auswirkung, nämlich der deutliche Rückgang der Bestäuber, stellt die Welt vor eine weitere Herausforderung: Eine “Bestäubungskrise”. Zwar ist es oberste Priorität, eine Zuspitzung dieser Situation zu vermeiden, doch die Wissenschaft ist bereits auf der Suche nach Alternativen, um unsere Abhängigkeit von biologischen Bestäubern zu reduzieren. Letztendlich könnte das heißen, dass wir unsere Pflanzen bald mithilfe neuer, innovativer Technologien bestäuben.
Eine dieser kommenden – und erfolgreich getesteten – Technologien ist die künstliche Bestäubung mit sogenannten bioanalogen Drohnenrobotern.11 Die Drohne imitiert dabei die charakteristischen Bewegungen von Bienen, um Pollenkörner im Stamen (Staubblatt) aufzugreifen und sie in der Narbe abzuladen.11 Um sicherzustellen, dass die Pollenkörner beim Aufgreifen nicht beschädigt werden, nutzen die Drohnen eine klebrige Flüssigkeit, die auch als “ionisches Flüssiggel” bekannt ist.11 Weitere getestete, aber leider erfolglose Techniken sind das manuelle Bestäuben mithilfe eines Pinsels und das mechanische Aufsprühen der Pollen.11
Wie wir unsere Bestäuber retten können
Auch wenn mehrere von Tieren unabhängige Technologien erfolgreich getestet werden konnten, gestaltet sich die völlige Abkehr von biologischen Bestäubern extrem schwierig. Wenn wir den Schwund an biologischen Bestäubern effektiv aufhalten wollen, müssen wir in die Forschung investieren und Ergebnisse in eine entsprechende Landwirtschafts- und Umweltpolitik einbringen. Realistische Maßnahmen zur Erhaltung der Bestäuber finden sich schon jetzt in der Bio-Landwirtschaft und umfassen zum Beispiel eine erhöhte Biodiversität, einen verantwortungsvollen Umgang mit Pestiziden und den Schutz wilder Lebensräume. Wenn diese Schritte aktiv eingesetzt würden, wäre damit nicht nur dem Wohlergehen der Bestäuber geholfen, sondern sie könnten auch die Auswirkungen des Klimawandels abmildern und dabei helfen, nachhaltige Nahrungssysteme zu erhalten.
Kennt ihr noch weitere Bestäuber? Schreibt uns gerne einen Kommentar unten!
- Vanbergen (2013). “Threats to an ecosystem service: pressures on pollinators.” Accessed 03 June 2020.
- Frankie & Thorp (2009). “Pollination and pollinators”. Accessed 04 June 2020.
- Landry, C (2010) “Mighty Mutualisms: The Nature of Plant-pollinator Interactions”. Accessed 15 June 2020.
- Hanley et al. (2015). “Measuring the economic value of pollination services: Principles, evidence and knowledge gaps”. Accessed 05 June 2020.
- Klein et al. (2007). “Importance of pollinators in changing landscapes for world crops”. Accessed 05 June 2020.
- “What is the Difference Between Wild and Managed Pollinators”. Pediaa. Accessed 06 June 2020.
- Kluser & Peduzzi (2007). “Global pollinator decline: a literature review”. Accessed 07 June 2020.
- “Beekeeping and sustainable livelihoods” (2011). FAO. Accessed 15 June 2020.
- Mallinger et al. (2017). “Do managed bees have negative effects on wild bees?: A systematic review of the literature”. Accessed 05 June 2020.
- Potts, S et al. (2015). “Status and trends of European pollinators. Key findings of the STEP project”. Accessed 07 June 2020.
- Chechetka et al. (2017). “Materially engineered artificial pollinators”. Accessed 06 June 2020.
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