Hafermilch | Wie sie hergestellt wird und was sie lecker macht
Unser Essen genau betrachtet

Hafermilch | Wie sie hergestellt wird und was sie lecker macht

Wenn ihr schon einmal versucht habt, Hafermilch zu Hause herzustellen, habt ihr vielleicht einige deutliche Unterschiede zwischen eurem Ergebnis und der süßen und cremigen Variante aus dem Handel festgestellt. Wie wird Hafermilch in großem Maßstab hergestellt und was macht sie so lecker?

Als großer Fan von Hafermilch in Müsli, Tee, Smoothies oder Backwaren habe ich unzählige Versuche unternommen, sie selbst herzustellen. Die Anleitungen scheinen simpel zu sein: einfach Wasser mit Hafer mixen und voilà ! Außerdem spart man Geld, Verpackung und kann mit verschiedenen Varianten experimentieren (ich habe sogar einmal eine Kardamomkapsel dazugegeben !). Trotzdem ist jeder Versuch mit einer gewissen Enttäuschung verbunden: Das Ergebnis schmeckt – verständlich, aber bedauerlich – immer nach pürierten Haferflocken. Aber es hat einen guten Grund, warum ich bei so vielen Versuchen am Ende frustriert dasaß. Hier sind einige der Tricks, die kommerzielle Hafermilch von den bescheidenen hausgemachten Varianten unterscheiden.

Pflanzenbasierte Milch hat inzwischen einen Marktanteil von 11 % des europäischen Milchmarktes. Spitzenreiter dieser Kategorie ist Hafermilch. (Foto von Scott Olson/Getty Images)
2022 hatte pflanzenbasierte Milch einen Marktanteil von 11 % des europäischen Milchmarktes. Spitzenreiter dieser Kategorie ist Hafermilch. (Foto von Scott Olson/Getty Images)

Haferkerne werden in Flocken verwandelt

Obwohl die verschiedenen Hersteller mit unterschiedlichen Methoden arbeiten, stellen die meisten von ihnen Hafermilch aus Haferflocken her – die Art, die man in Müsli oder Haferbrei findet – da sie deutlich leichter zu zerkleinern sind als das ganze Korn. Die Körner werden gereinigt und sortiert, geschält, gedämpft und zu Flocken gewalzt. Wenn die Haferspelze oder Kleie (die Schale der Haferkörner) entfernt wird, bleibt eine Hafermasse übrig, die weniger unlösliche Ballaststoffe enthält, aber immer noch die Makronährstoffe und löslichen Ballaststoffe (Beta-Glucane) der Körner enthält.1, 2

Hafer und Wasser werden zusammen gemixt und gemahlen

Der erste Schritt besteht darin, Haferflocken in einem ähnlichen Verhältnis wie bei den meisten hausgemachten Rezepten (in der Regel etwa 1:2,7) mit Wasser zu mixen und sie zu einem weichen, homogenen Brei zu mahlen.1, 3 Manche Unternehmen kaufen bereits fein gemahlenen Hafer in Form von Hafermehl, um den Prozess zu beschleunigen, während andere Haferschäler und -dämpfer innerhalb der Verarbeitungsanlage nutzen, um das gesamte Verfahren zu kontrollieren.4

Zugabe von Enzymen

Dies ist ein wesentlicher Schritt, der für den großen Geschmacksunterschied zwischen selbstgemachter und gekaufter Hafermilch verantwortlich ist. Verschiedene Enzyme, wie z. B. α-Amylase, spalten in einem Prozess namens Hydrolyse die im Hafer enthaltenen komplexen Zucker (wie Stärke) in einfachere Zucker (wie Maltose) auf. Dadurch schmeckt die Hafermilch süßer als die Flocken selbst.5

Hafer besteht zu etwa 50-60 % aus Stärke, die beim Mischen oder Erhitzen eine gallertartige Konsistenz annimmt. Die Enzyme, die die Stärke hydrolysieren (d. h. aufspalten), tragen also auch dazu bei, dass die Konsistenz geschmeidiger und cremiger wird, als wenn man Hafer einfach mit Wasser mischt.6, 7

Die Zugabe von Enzymen erscheint vielleicht ungewohnt und potenziell unattraktiv, ist aber bei einer Reihe anderer Lebensmittel im Produktionsprozess zur Aufspaltung komplexer Kohlenhydrate in einfachere durchaus üblich. Bei der Herstellung von laktosefreier Milch wird beispielsweise das Enzym Laktase zugesetzt, um Laktose in Glukose und Galaktose aufzuspalten, so dass auch Menschen mit Laktoseintoleranz Kuhmilch trinken können.9

Amylasen, die Enzyme, die Stärke in den einfacheren und süßeren Zucker Maltose aufspalten, befinden sich auch in unserem Speichel.8

Zusätzliche Zutaten für Textur, Geschmack und Haltbarkeit

Bei diesem Produktionsschritt werden Zutaten hinzugefügt, die Geschmack, Textur und Aussehen verbessern sollen. Am häufigsten wird Pflanzenöl hinzugefügt, wodurch die Hafermilch cremiger wird – das ist besonders wichtig für die Herstellung von Barista-Varianten ! Salz wird ebenfalls häufig zugesetzt, da es den süßen und natürlichen Geschmack der Hafermilch unterstreicht. Einige Hersteller fügen in diesem Schritt Kalzium oder Vitamine hinzu, um ein reichhaltiges und nährstoffreiches Getränk auf pflanzlicher Basis zu erhalten. Zum Schluss werden – optional – Zutaten wie Kakaopulver, Zucker, Vanilleextrakt, Kaffeeextrakt oder andere natürliche Aromen hinzugefügt.1, 5

Was macht Barista-Hafermilch anders?

Dass tierische Milch schäumt, liegt vor allem an ihrem hohen Eiweiß- und Fettgehalt. Bei pflanzlichen Milchalternativen, die zum Dampfen oder Aufschäumen verwendet werden, werden neben Verdickungs- und Bindemitteln pflanzliche Öle hinzugefügt, um den natürlich niedrigeren Eiweiß- und Fettgehalt auszugleichen. Die Verdickungs- und Bindemittel sorgen dafür, dass Luftbläschen aneinander haften bleiben, wodurch ein dichter Schaum entsteht, der dem von tierischen Milchprodukten ähnlicher ist.

Barista-Versionen enthalten häufig auch einen „pH-Puffer“ (meist Dikaliumphosphat), um zu verhindern, dass die Hafermilch gerinnt und sich absetzt, wenn sie dem Kaffee hinzugefügt wird. Interessanterweise ist dieser Zusatz bei Kuhmilch nicht notwendig, da sie von Natur aus Phosphate enthält, die bereits als Puffer für plötzliche pH-Abfälle dienen.10, 11

Sterilisieren, Homogenisieren und Verpacken

    Das Endprodukt wird dann durch Erhitzen (Ultrahocherhitzung oder Pasteurisierung) sterilisiert, um die Haltbarkeit zu verlängern und alle in der Flüssigkeit verbliebenen Bakterien abzutöten. Das so entstandene Getränk wird dann unter hohem Druck mit einem „Homogenisator“ (im Wesentlichen ein Hochdruck-Hochgeschwindigkeits-Mixer) gemischt, um sicherzustellen, dass die Fette in kleinere und gleichmäßigere Tröpfchen aufgebrochen werden, was der Milch ein cremiges und gleichmäßiges Mundgefühl ohne „Klümpchen“ verleiht.1,12 Dann ist die Hafermilch endlich fertig zum Verpacken und Versenden!

    Warum hausgemachte Alternativen gekühlt werden müssen

    Vielleicht ist euch schon aufgefallen, dass es in den Regalen oft nicht gekühlte Hafermilch gibt – wovon Rezepte für selbstgemachte Hafermilch dringend abraten. Der Hauptunterschied besteht darin, dass kommerzielle ungekühlte Varianten in einer hochkontrollierten Umgebung steril verpackt wurden und daher Monate oder sogar Jahre gelagert werden können.13 Wenn man zu Hause Hafermilch herstellt – und nicht zufällig in einem sterilen Labor lebt – setzt man sie Mikroorganismen in der Umgebung aus, die sich schnell vermehren und schädlich werden können. Daher wäre es nicht sicher (oder angenehm), ein Glas selbstgemachte Hafermilch mehr als eine Woche nach der Herstellung zu trinken.14
    Aber sie ist so lecker und vielseitig, dass sie sowieso viel schneller leer ist !



    Anmerkung der Redaktion: Nach Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 Teil III und IV ist der Begriff „Milch“ ausschließlich dem durch Melken gewonnenen Erzeugnissen vorbehalten. Deshalb werden Milchersatzprodukte auf pflanzlicher Basis im Handel üblicherweise als „Drink“ bezeichnet.
    In diesem Artikel wird dennoch der Begriff "Hafermilch" verwendet, da dieser im allgemeinen Sprachgebrauch üblich ist.

    Hinweise Mehr anschauenWeniger lesen

    Verwandte Artikel

    Bleib mit unserem Newsletter (in Englisch) über Neuigkeiten auf dem Laufenden

    Folge uns